Wie Sätze Generationen von Deutschen prägten…

Durch Zufall bin ich über ihn gestolpert und weil er so spannend war, muss ich ihn mit euch teilen: im SWR lief ein Dreiteiler von 2009 über die Entwicklung des deutschen Essverhaltens im Laufe der vergangenen 70 Jahre. Spannend und interessant zu sehen, welchen Einfluss die politische Situation, das Wohlgefühl, die Bequemlichkeit, das Rollendenken, etc. auf das „Essen“, angefangen von der Art der Zubereitung über die Auswahl von Lebensmitteln bis hin zur Gestaltung der Mahlgröße, hat.
Kennt ihr die Aussage: „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!“? Generationen von Deutschen wurden von diesem Satz geprägt:
Zu jeder Zeit tischte die „gute Fee“ aus der Küche den bärenhungrigen Deutschen ihre Gerichte auf. Dieser Satz besaß ewige Gültigkeit, der Speiseplan jedoch veränderte sich im Lauf der Zeit radikal.
So fange ich nun einfach mal mit der Zeitreise an…lasst euch inspirieren und schmunzelt, was das Zeug hält!

Stunde Null: Ein Gericht entscheidet den Kampf ums Überleben

„Ich hatte den Krieg hinter mir, war in der Jugendblüte und hatte nix zu essen. Ich hatte immer Kohldampf!“ Als der 19 jährige Joachim Fuchsberger aus der britischen Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, sprach er vielen Menschen aus der Seele.
Die Suche nach etwas Essbarem gestaltete sich im zerbombten Deutschland nach dem verloren Krieg nicht nur schwierig. Sie stellte die Hausfrau vor die Herausforderung aus dem Nichts eine leckere Mahlzeit für die Familie zu zaubern.
Die Schauspielerin Marianne Koch, Jahrgang 1931, damals in der Nähe von München lebend berichtet: „Meine Mutter hat im Garten Kartoffeln angebaut und eine Zeit lang haben wir wirklich jeden Tag nur Kartoffeln gegessen. Aber irgendwie hat sie es geschafft, dass es immer abwechslungsreich geschmeckt hat.“
Technische Hilfsmittel? Fehlanzeige. Stattdessen wurden die Hausfrauen wahre Zauberinnen: Broschüren verrieten wie man aus Eicheln Kaffee macht, aus Löwenzahn vielfältige Saucen kredenzt und aus der unvermeidlichen Kartoffel eine falsche Marzipantorte oder falscher Kochkäse entstanden.

Die „Aufrüstung“ beginnt (in der Küche)

Es war ein Wettlauf mit der Zeit. Der knurrende Magen war der ständige Begleiter und es galt, das Hungergefühl zu besiegen. Doch auf Dauer konnte es so nicht weitergehen.
1953 lebten 95 Prozent der Deutschen ohne Kühlschrank: Verderbliches wurde täglich frisch gekauft, Käse oder Wurst wurde in der Speisekammer oder im Keller gekühlt. Für uns kaum noch vorstellbar!
Mit der Währungsreform wurde der Wirtschaftsmotor von den Deutschen angekurbelt und in dem Rahmen wurde die Küche aufgerüstet: Der Kühlschrank und der Elektroherd hielten Einzug in deutsche Haushalte und die Speisekammer als Aufbewahrungsort für verderbliche Lebensmittel wurde damit abgelöst.
Zeitzeugen berichten über die schlagartige Veränderung des Speisezettels: Wurstaufschnitte, Käseplatten und Fruchtjoghurts – Lebensmittel, die uns heute alltäglich erscheinen!
Die Küche bleibt trotzdem kalt
Auf die Hungerküche folgt die Fresswelle: die „fetten Jahre“ konnten kommen – in Form des Wirtschaftswunders in der Ära Adenauer/Erhard. Die deutsche Hausfrau ließ das aber kalt…: Mit russischen Eiern und Schinkenröllchen brachte sie ihre Liebe zum Essen in der kalten Küche zum Ausdruck oder sie präsentierte den vom ersten deutschen Fernsehkoch erfundenen Kult „Toast Hawaii“, der aus den exklusiven Zutaten Toastbrot, Schinken, einer Scheibe Ananas und Schmelzkäse bestand.
Zur gleichen Zeit in der DDR herrschte Mangel an Lebensmitteln und die Deutschen mussten mit dem hantieren, was zu kaufen ist.

Viva Italia

Die Küche und der Speisezettel erfuhren eine kulinarische Entwicklung und nachhaltig Veränderung: durch die große Reisewelle brach das Italienfieber brach aus. Deutsche Urlauber, die ursprünglich als Kartoffelliebhaber Bekannten, entdeckten Pasta und Pizza und machten Deutschland zum Nudelmekka.

Fortsetzung folgt

Das war nun der erste kleine Abriss über die Entwicklung der deutschen Küche seit Kriegsende, gut portioniert und appetitanregend für den zweiten Teil.
Und wenn man dann noch die Entwicklung des deutschen Essverhaltens in Verbindung mit dem Entstehen der Volks- bzw. Generationskrankheiten…spannend!
Also: bis zum zweiten Teil unserer Essenszeitreise!